Ein leidenschaftlicher Diener der Musik

Gedanken über Peter Neumann (1940 - 2025) von Joachim Diessner

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21. Dezember 2025

Sucht man in Lexikon oder Internet nach dem Begriff ‚Akribiker‘, so stößt man sobald auf die Beschreibung einer Person, die ‚extrem sorgfältig, genau und detailverliebt, und oft mit großer Leidenschaft für Präzision‘ wirkt und arbeitet. Fügte man nun dieser Beschreibung noch die Worte Hingabe und Passion hinzu, so wäre der Dirigent und Kirchenmusiker Peter Neumann und seine Art zu arbeiten perfekt beschrieben. Er war stets ein Suchender in Sachen Musik. Obwohl lange vor einer ersten Probe in seinem Kopf bereits eine Vorstellung, das Ideal eines Klanges existierte, die Herausforderung, die reinen Akkorde mit den Worten in Einklang zu bringen, eine Idee von Verschmelzung von Melodie und Ausdruck, blieb er dennoch ein Ausprobierer, ein Klangfeiler, und auf dem Weg zum perfekten Ergebnis nicht leicht zufrieden zu stellen. Nie nachlässig, selten nachgiebig gelang es Peter Neumann, seine Leidenschaft zu teilen – als zuweilen strenger Vermittler seiner Ideen gegenüber den Musikerinnen und Musikern seiner Ensembles und Chöre, nicht zuletzt als Kommunikator mit dem Publikum. Und nie aus dem Blick: Als Diener eines Bach, Mozart oder Monteverdi.

Peter Neumann wurde im März 1940 in Karlsruhe geboren. Nach seinem Studium u.a. in Heidelberg, Paris und Berlin übernahm der Pfarrerssohn die Stelle als Kirchenmusiker an der Kartäuserkirche in Köln, die er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2005 inne hatte. Den von ihm ins Leben gerufenen Kölner Kammerchor sowie das Orchester Collegium Cartusianum leitete er bis zu seinem letzten Konzert im Herbst 2019. An der Hochschule für Musik und Tanz in Köln lehrte er Orgelspiel und Dirigat.

In seiner Arbeit war stets ein gehöriges Maß an Devotion zu spüren. Und Liebe: Zu einem Werk, zu einem Komponisten eines laufenden Projektes oder in Vorbereitung eines nächsten. Und, die Einladung zum Mitsingen in Händen, wusste man: es würde Arbeit werden. Nichts dem Zufall überlassen, alle möglichen musikalischen Kräfte auskostend. Und zeigte die Uhr nach einer langen, bis 22 Uhr angesetzten Probe auf 21.58, und waren Noten und Bleistift in Gedanken schon in die Tasche gegeben, verdrehte man das eine oder andermal tatsächlich die Augen wenn Peter Neumann, untermalt von seinem unnachahmlichen gutturalen Lächeln verkündete: „Ich hab‘ da noch eine Stelle…“ Irgendwie erlag man dann seiner ansteckenden Energie. Alternativlos. Sich selbst schonte Peter Neumann sowieso nicht. Die letzten Minuten wurden ausgereizt. Man sang halt noch einmal ein paar Takte. Hatte sich etwas verbessert? Ein kurzer Dank und die Frage, wann die nächste Probe sei, beendete die vergangene. Mit Lob kargte der Dirigent. Nix g’schwätzt is g’nug gelobt – keine weitere Kritik musste dann für den Moment als Anerkennung ausreichen. Im Konzert wurde man manchmal mit dem Anflug eines Lächelns belohnt – Sekunden, die ausmachten, dass sich die Mühe gelohnt hat; winzige Augenblicke, die fast so etwas wie Zuneigung erklärten. Fein gemacht, lieber Chor. Augenblicke eben, denn richtig fertig war für ihn eine Arbeit selbst nach der Aufführung oft noch nicht.

Trotzdem empfand man sich gerade als Chorsänger nie als musikalischer Handlanger oder Mitwirkender an der Selbstdarstellung eines Chorleiters. Als Teil eines Ganzen verzieh man Peter Neumann schnell die eine oder andre Strenge bei einer Probe. Geduld war nun mal nicht seine größte Stärke. Aber darum ging es nicht. Es ging auch nicht um ihn. Nichts war ihm so fremd wie Selbstinszenierung. Es ging um das Teilen der Hingabe an die Werke. Um Gewissenhaftigkeit, die man als ein Teil einer langen Liste von ihm lernen konnte. Es ging um den Austausch mit dem Publikum. Wohl um das Zeigen von Kunst. Von Qualität. Es war Auszeichnung unter Peter Neumann zu singen, Freude, Anstrengung, Herausforderung und die eine oder andere bitterherbe Bemerkung musste man schlicht wegstecken. Böse konnte man ihm nicht sein: Der Wichtigste im Konzert blieb letztlich immer Mozart, Händel oder Bach.

Obwohl es Peter Neuman auch die Oper sehr angetan hatte, arbeitete er recht wenig auf diesem Gebiet. Erinnernswert ist sicherlich die Aufführung von Monteverdis L’Orfeo in der Kölner Philharmonie (1999). 2012 wirkte er als Gastdirigent an der Oper Köln; auf dem Programm Alcina von Händel. Wie sehr hat es Peter Neumann seinerzeit nach intensivem Proben und Arbeiten an Streicherklang und Phrasierungen doch verwundert, als er – dienstplanbedingt - am Folgetag einen ganz anderen ersten Geiger an dessen Pult vorfand. Das Konzertante blieb ihm näher als der Opernbetrieb. Sein Wunsch, an einem Opernhaus einmal Mozart, gerne Le Nozze di Figaro zu dirigieren, blieb unerfüllt.

Peter Neumanns vielfältiges Schaffen ist durch eine große Anzahl CD-Aufnahmen und Radiomitschnitte dokumentiert. Die zahlreichen Konzerte in Köln oder auf Tourneen durch Europa oder nach Japan sind verklungene Zeugen eines Lebenswerks. Die Gesamtaufnahme der geistlichen Werke Mozarts setzte ebenso Standards wie Aufnahmen und Mitschnitte von Händels Oratorien. Wunderbar die WDR-Fernsehproduktion der Musicalischen Exequien von Heinrich Schütz. Als Leiter der Kartäuserkantorei und als Gründer des Kölner Kammerchors und des Collegium Cartusianums war er zur rechten Zeit am rechten Ort. Sein Wirken in der Kölner Konzertlandschaft fehlt und wird unvergessen bleiben.

Nicht nur in Köln werden Verstorbene ja gerne in den Himmel verabschiedet. Sollte Peter Neumann dieser Vorstellung entsprechend nun dort angekommen sein und wird er seinen Leidenschaften und Fähigkeiten entsprechend dort eingesetzt, dann werden die Engel jetzt erst einmal was zu proben haben: Ich hab da noch eine Stelle …

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